Erinnerungen Dr. Dieter Hartwig, 1954-1965

Der SRSV war kein eingetragener Verein, sondern eher eine ‚Gilde’, wie es sie damals am Internat Schloss Plön z. B.  für Schach oder auch Fotografie gab. In Quarta mussten wir Jungen zuerst ein Jahr rudern, danch erst durften wir in die Segelabteilung wechseln. Schon als Sextaner (1954/55) tummelte ich mich im Bootshausgelände und bettelte die Bootsführer an, mitsegeln zu dürfen. Damals verfügte der SRSV meiner Erinnerung nach über die H-Jollen ‚Klabautermann’ (H 225?), ‚Lilofee’ (H 221?) und ‚Passat’ (H 132), eine 22m-Rennjolle, ein 12m²-Scharpie sowie zwei Kutter – die zweimastige ‚Schleswig-Holstein’ (Krawel) und den einmastigen, erheblich übertakelten ‚Wiking’ (Klinker), der eigentlich kein Kutter war, sondern eine Torpedobootsjolle (Beiboot eines Torpedobootes). Dieser Kutter war schwieriger, herausfordernder zu segeln und kenterte auch gelegentlich. Besonders ‚Halsen’ waren wegen des sehr langen Großbaums riskant. Im Laufe der Zeit baute der Bootsbauer Fiete Schlüter, der im Bootshaus wohnte (‚hauste’) ein Beiboot in Klinkerbauweise. Dieses Boot wurde benötigt, um die an Bojen liegenden Boote zu erreichen. Die H-Jollen und das Scharpie lagen im Bootshafen, die Kutter an Bojen nach Süden/Richtung Prinzeninsel hin.

1959 wurden die H-Jollen durch sieben Piraten ersetzt – sechs (‚Niederelbe’, ‚Angeln’/1494, ‚Düwelswarft’/1417 [sah ich noch 2009 auf dem Kellersee] …) waren in weniger aufwendiger Bauweise gleichartig, einer (‚Alte Liebe’) war hochwertiger und galt als ‚Regattaschiff’ (Bootsführer Gerhard/Kay/’Fips’ Birkner; ich war einige Zeit sein Vorschotmann). Die Segel waren aus Mako (Baumwolle?), weshalb sie sich leicht verzogen und sorgfältig zum Trocken im OG des Bootshauses aufgehängt werden mussten; nur ‚Alte Liebe’ hatte von Anbeginn Kunststoffsegel. Später kam noch eine O-Jolle dazu (‚Scirocco’). Alle Boote wurden verantwortlichen Bootsführer anvertraut. Sie hatten für die Instandhaltung im Sommer und im Winter zu sorgen, wofür sie aber auch das Erst-Zugriffsrecht für ‚ihr’ Boot hatten – wer mit einem Boot, für das er nicht verantwortlich war, segeln wollte, musste den verantwortlichen Bootsführer fragen. Für jedes Boot wurde ein Logbuch geführt, in das natürlich auch Schäden eingetragen werden mussten, das aber auch als Grundlage für die jährliche Statistik (wer segelte wie oft?) diente.

Der Verein war ein reiner Jugendverein – es gab einen gewählten Vorstand (Vorsitzenden,  Schriftwart, Bootswart, …); eine Mitgliederversammlung (MV) mit Wahlen wurde einmal im Jahr abgehalten. Es gab auch eine Art Vereinskladde/Protokollbuch. Auf der MV wurden die Boote verteilt, die Winterarbeit und allgemeine Vereinsangelegenheiten besprochen. Die zweimalige Wahl als SRSV-Vorsitzender machte mich damals stolz!

An den MV nahm der ‚Protektor’ (ein Lehrer, zu meiner Zeit Günter Jacobsen/’Jacky’) teil. Er nahm auch zusammen mit dem Vorstand Prüfungen ab. Die Segelausbildung dauerte zwei Jahre: Im ersten Jahr segelte man auf den Kuttern und Jollen ‚nur’ mit; im zweiten Jahr übte man für die Prüfung, die auf einem Kutter abgelegt wurde. Der Jollenschein kam danach. Als fest zugewiesener (vom Jollenführer ausgesuchter) Vorschotmann bekam man immer mal wieder die Chance, an der Pinne zu segeln (z. B. auf der Rückfahrt von Regatten oder beim Wochenendsegeln – von daher habe ich die Angewohnheit, Mitsegler immer sofort an die Pinne zu lassen, so daß ich selber kaum noch steuere, wenn jemand mitsegelt). Man lernte das Jollensegeln quasi ‚nebenbei’. An Wochenenden hatte ich gelegentlich das Glück, Herrn Kind (Sportlehrer) als Bootsführer gewinnen zu können, unter dessen (selbstloser) Aufsicht (er begnügte sich mit der Rolle des Vorschotmannes) ich in kleinen Regatten gegen Dietrich Mellin (musste das Internat verlassen, nachdem er beim Rauchen erwischt wurde) mein Jollensegeln perfektionieren konnte. So bekam ich den Jollenschein ohne echte Prüfung! Ein Abkommen mit dem Plöner Segler-Verein (PSV) ermöglichte die Ausstellung des DSV-A-Scheins für alle, die im SRSV eine Prüfung abgelegt hatten. Den Schein aus 1961 habe ich noch.

Im Winter wurden die Boote bearbeitet – bei den neuen Piraten wurde sehr bald das grüne Unterwasserschiff  in Kupferbronze umgemalt. Vor der jährlichen Pfingsregatta schliffen alle Boostführer das Unterwasserschiff ihres meist am Rudersteg vertäut gekränkten Bootes mit Wasserschleifpapier. Meiner Erinnerung nach herrschte vor Pfingsten immer starker Wind und während der Regatten totale Flaute („Treibt der andere noch neben uns?“ – Der große Kutter wurde von mir in einem Winter von seinenr dicken Farbschicht befreit – mit einer Lötlampe und Spachtel. Da es im Bootshaus sehr kalt war, kam das einer ziemlichen Härteübung gleich; außerdem war man dort oft sehr alleine. Bei allen Arbeiten stand Fiete Schlüter als Fachmann beratend zur Seite (wo Wasser drin ist, kann nichts Anderes rein – also erstmal trocknen lassen, bevor Holzschutzmittel in die Bilge kam). Wir bauten uns in der Holzwerkstattt des Internats feststehende Holzruder (statt der Ruder mit beweglichem eisernen Ruderblatt) und Stockpinnen mit Auslegerarm (statt Gabelpinne).

Ein besonderes Kapitel waren unsere Feste beim An- wie beim Absegeln. Da wurde das Bootshaus zum Tanzsaal (heute: zur Disco). Meiner Erinnerung nach waren das die freiesten, wildesten, schönsten Veranstaltungen meiner Internatszeit. Allerdings waren sie immer bedroht vom scharfen Blick des Direktors (Dr. Erwin Schmidt), dem ‚offener Tanzstil’, geschweige denn ‚Rock and Roll’ oder twist (?) ein Gräuel war! ‚Jacky’ lenkte ihn ab, auch wurde ihm durch Positionierung der Zwischentür die Sicht genommen. Weil es nur wenige Mädchen im SRSV gab (s. u.) tanzten auch schon mal Jungen miteinander – aber nur beim twist, bei dem man sich nicht anfasste.

Mädchen waren im SRSV offiziell eigentlich nur als Ruderinnen erwünscht; in der Segelabteilung gab es nur wenige, die sich den Zutritt sehr erkämpfen mussten, natürlich nicht gegen den Widerstand der Jungen, sondern gegen jenen des Direktors und wohl auch von ‚Jacky’. Gleiches galt für Stadtschüler, die anfänglich wohl selbstverständlich (ich erinnere mich an die Lewin-Brüder, an Axel Zeeck und Jochen Hucke) dazu gehörten, da sich die SRSV-Mitgliedschaft aus der Schülerschaft des Gymnasiums ergab. Später wollte wohl vor allem ‚Jacky’ nur Internatler im SRSV sehen – es gab aber immer einige wenige Stadtschüler im Verein z. B. Fritz Lewin, Jochen Wittstock, der sogar (erstaunlicherweise) verantwortlicher Bootsführer der O-Jolle sein durfte..

Zuletzt habe ich im SRSV der alten Art wohl 1967 gesegelt, als ich schon bei der Marine war.

Ergänzungen/Korrekturen durch Kay Birkner

von Dr. Dieter Hartwig

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